Eine nicht ganz normale Woche auf dem Chiemsee
 

Am 2. Augustwochenende 2002 hatten sich Freunde von mir zum Segeln angemeldet. Da dieser Besuch schon seit vielen Jahren immer wieder verschoben wurde, gab es jetzt trotz des Wetters kein Zurück. Jaja, das Wetter... In den letzten Wochen hatte es in Oberbayern und Österreich ausgiebig geregnet. In der Folge sollte das zur heftigsten Flutkatastrophe der letzten 100 Jahre oder so werden. Alles fing jedenfalls in den Bergen an, die Tiroler Ache und die Prien stiegen und stiegen und damit auch das Wasser des Chiemsees.

P8141412.jpg (15925 Byte) Losgefahren waren meine Freunde im Rheinland bei strahlendem Sonnenschein (09.08.), erst hinter München wurde es dunkler und dunkler. Der übliche Parkplatz am See war schon nicht mehr zu gebrauchen, auch die Straße am See entlang stand bereits unter Wasser. Aber immerhin kamen sie noch trockenen Fußes an Bord. Doch das sollte sich rasch ändern...

Am Samstag. den 10.10., fand die Einhand-Regatta des YCU statt. Es war meine erste Regatta, an der ich teilnahm und siehe da - es schien die Sonne.

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Frühmorgens dackelte ich los (wider Erwarten ohne Ölzeug) und abends kehrte ich stolz als Erster in meiner Gruppe (Kielyachten 4+5: das sind die langsamen) zurück. In der Gesamtwertung reichte es wegen des teilweise fehlenden Windes nur zu einer Platzierung im Mittelfeld (die Delanta braucht einfach eine Mindestmenge an Wind). Meine Freunde erlebten derweil einen traumhaft schönen Tag in den Kitzbühler Alpen. Auch der Abend war noch relativ schön, lange saßen wir im Cockpit und schwelgten in der Erinnerung an alte Zeiten.

Am Sonntag kam dann die entscheidende Frage: wollen wir segeln oder nicht? Es regnete bereits den gesamten Tag wieder wie aus Kübeln, aber am Abend rafften wir uns auf und segelten los. Immerhin blies ein wunderschöner Wind mit konstanten 3 Bft., der uns flott eine Runde um die 3 Inseln brachte.

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Der Heimweg brachte so richtigen Segelspaß und -abenteuer: Kreuzen am Wind mit 5-6 kn Fahrt (Groß+Genua1), eine völlig veränderte Uferlinie (und ein spontanes Kommando "Rrrrrrrummmmmm!!!!!!!" - sprich sofortige Wende, nachdem die Echolotanzeige binnen Sekunden auf 3m fiel), und ein munteres Suchen nach dem Heimathafen im Dunkeln. Wegen des Hochwassers war jegliche Stromversorgung am Ufer ausgefallen und so segelten wir erst einmal am Heimatsteg vorbei, bis ich die Orientierung auch ohne Beleuchtung wiederfand. Dieser Abend fand dann unter der Persenning statt.

P8121357.jpg (25628 Byte) Nach einer (natürlich!) kurzen Nacht (sieht man, oder?) gab es morgens den ersten Kaffee im Trommeln des Regens auf die Persenning. Und dann schauten wir uns das Naturschauspiel an, als der Wasserstand um etwa 10cm je Stunde stieg.
Und zupp - war der Heckpfahl unter Wasser.

Und der Zugang zum Steg verschwand, und dann der Steg selber...

Vom Nachbarsteg war schon nichts mehr zu sehen.

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P8121370.jpg (25476 Byte) Wir schauten uns die Lage nun an Land an. Sah irgendwie gar nicht gut aus. Hier parke ich normalerweise mein Auto.
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Wir machten dann einen Bummel durch Prien-Stock, zählten gar nicht erst die vielen Feuerwehr-Wagen, die von einem Einsatz zum nächsten fuhren, schauten uns die alte Dampflok von 1887 an, die den historischen Zug zwischen Prien Bahnhof und dem Dampferhafen hin- und herfährt, genossen ein ausgezeichnetes Abendessen beim Griechen, und kehrten dann zum Steg zurück. Der war inzwischen auch fast im Wasser und das Aufentern aufs Schiff wurde schon deutlich schwieriger. Immerhin, die Wolken rissen endlich auf und ließen uns ein Abendrot im Westen sehen.

Und das Wasser stieg weiter...

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Natürlich wurde es wieder ein langer Abend im Cockpit, diesmal mit bayrischem Weißbier statt des Bits. Nachdem wir den Stegnachbarn geholfen hatten, den Festmacher der Schiffe am Steg mehr Lose zu geben, wachte ich in der Nacht noch einmal auf und verlängerte meine Leinen nochmals, denn das Wasser stieg weiter...

Morgens sahen wir dann die Bescherung:

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Da wo einst ein Heckpfahl war, war nur noch eine braun-trübe Brühe zu sehen, dasselbe galt auch für den Steg. Wir beschlossen, statt eines weiteren Regentages am See uns lieber München anzuschauen.

Zum Vergleich: wie im Bild rechts sieht der rechte Heckpfahl normalerweise aus.

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In München machten wir dann einen Spaziergang am Flaucher (das ist das Erholungsgelände an der Isar im südlichen München). Das Wasser der Isar war bereits im Sinken begriffen, aber es war dennoch ein imposanter Anblick.

P8131399.jpg (21416 Byte) Nur mal zum Vergleich ein Bild von derselben Brücke aus fotografiert, allerdings Ende März:

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Am Mittwochabend (14.8.) fuhr ich wieder zum See. Da es hieß, das Wasser sei nochmal um einen Meter gestiegen, nahm ich das Schlauchboot mit und paddelte zum Boot, was sich als sinnvolle Maßnahme erwies.

Glücklicherweise war der Wasserstand bereits im Fallen begriffen, und somit habe ich keine wirklich spektakulären Bilder mehr anzubieten (z.B. mit dem Schlauchboot durch den Wald). Das Wasser war auch schon viel klarer als vorgestern und auch die Heckpfähle waren bereits wieder zu sehen, wenn auch immer noch unter Wasser. Der Steg war ebenfalls noch unter Wasser, und so war denn das Dingi der beste Weg zum Ufer. P8151413.jpg (16084 Byte)
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Hier ist sonst der Uferweg.
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Immerhin, seit Mittwoch hatten wir wieder richtig schönes Wetter.

Und so ging es am Donnerstag wieder raus, segeln, natürlich, was sonst?

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Hier die Stegnachbarn
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Hier gibt es sonst keinen Wasserzugang zum Schloß Herrenchiemsee
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Blick über den Weitsee nach Norden
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Und überall dasselbe Bild: alle Steg unter Wasser
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Auch das Freizeitgelände im Süden: weg!
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Am Strandbad ist jetzt mehr Bad als Strand.
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Schon mal mit dem Wohnwagen auf einer Insel geparkt?
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Und nachmittags wieder ein schöner Wind...
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...der das Boot auf 6kn bringt
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Unser Steg vom See aus, er ist schon wieder zu sehen
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Der Heckpfahl noch nicht
P8151486.jpg (24399 Byte) Gewöhnungsbedürftig war für manche (daß Bavarias aber auch so ein hohes Freibord haben...) das Aussteigen, das selbst mit der Treppenleiter noch in Akrobatik ausartete. Aber immerhin, der Steg war wieder zu sehen.

Auch am Samstag war wieder schönstes Wetter, was ich zu einer weiteren Besichtigung des Seeufers nutzte.

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Das Bootshaus von der Herreninsel - diesmal eine eigene Insel
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Dafür konnte man näher am Biergarten ankern als sonst
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Sonnenuntergang, der Mond scheint, ein schöner Sommertag geht in einen schönen Abend über, was will man mehr?

Auch am Sonntag war Segeln angesagt, im Gegensatz zu den Nachbarn kamen wir wieder fast trockenen Fusses an unsere Boote.

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Der Nachbarsteg ist immer noch nicht zu sehen
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Und auch die Polizei muß noch draußen parken.
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Die Straße ist immer noch überflutet, auch die Polizei muß zum Bootshaus paddeln
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An der Südseite der Herreninsel so viele Ankerlieger, die die Sonne genießen, wie ich noch nie erlebt habe.
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Und am Abend ein wunderbarer Fernblick in die Alpen hinein, mit Mond und allem Drum und Dran.

Alles in allem war es eine wirklich interessante Woche. Das Hochwasser hat uns jedenfalls nicht von Segeln abgehalten. Ich hoffe aber, daß das Wetter nicht so bald wieder dermaßen extrem wird und vor allem, daß nicht noch einmal so viel Wasser vom Himmel fällt, wie in den letzten Wochen. Ganz besonders wünsche ich dies den von der Flutkatastrophe betroffenen Anwohnern der Flüsse von Niederbayern bis Hamburg.

 

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